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17.06.2024

Zum EM-Start: „Es gibt keinen Fußballgott, auch wenn der Rasen heilig ist“

Die Pfarrei Ornbau veranstaltete einen Familiengottesdienst zur EM auf dem Fußballplatz. Foto: Irmgard Böll

Kurz vor Beginn der Europameisterschaft ist das Bistum Eichstätt Fußballmeister geworden. Für die Titelgewinner bei der Meisterschaft der Seelsorger- und Seelsorgerinnen in Bayern war es eine schöne Einstimmung auf die EM in Deutschland. Der Bayerische Rundfunk berichtete darüber und wies auf die Verbindungen zwischen Fußball und Religion hin. Tatsächlich gibt es Berührungspunkte zwischen den beiden Welten, vor allem eines haben sie gemeinsam: Sie ermöglichen Gemeinschaftserlebnisse.

So bieten viele Kirchengemeinden in Deutschland seit dem „Sommermärchen“ bei der Weltmeisterschaft 2006 das gemeinsame Fußballschauen, Public Viewing, in ihren Räumen an. Zur WM 2018 in Russland haben laut GEMA rund 600 Kirchen Public Viewing veranstaltet. Bei der EM 2021, mitten in der Cororona-Pandemie, waren solche Veranstaltungen nur eingeschränkt möglich. Wie viele es bei dieser EM sein werden, konnte die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte – so heißt die GEMA – nicht beziffern. „Viele Lizenzen werden erst in den nächsten Wochen erteilt“, hieß es auf Anfrage.

Das Spiel der GEMA

Warum die GEMA beim EM-Public Viewing mitspielt, hat der Verband der Diözesen Deutschlands in einem Schreiben an die Pfarreien erklärt. „Da bei der Übertragung der EM-Spiele auch Musikwerke öffentlich wiedergegeben werden, hat die GEMA urheberrechtliche Ansprüche, sofern solche Musikwerke, die zum GEMA-Repertoire gehören, betroffen sind. Die Nutzung dieser Rechte ist nicht unentgeltlich zulässig. Vielmehr ist die Nutzung der Rechte von der teilnehmenden Pfarrei oder Einrichtung unmittelbar an die GEMA zu zahlen“. Für die Zeit der Fußball-EM bietet die GEMA die Nutzung dieser Rechte zu einem Sondertarif an, der nicht auf die Anzahl der Fernsehgeräte, sondern auf die Raumgröße abstellt ist, an. Auf die von der GEMA verlangten Tarife erhalten die katholischen Einrichtungen dann einen Sondernachlass in Höhe von 20 Prozent auf den Nettopreis. Im Übrigen werden von der UEFA für nicht kommerzielles Public Viewing mit bis zu 300 Personen keine Lizenzgebühren verlangt.

Trotzdem: Beim Versuch, die genauen Kosten mit dem Preisrechner auf dem GEMA-Portal zu ermitteln, dürfte bei einigen Pfarreien die Idee eines Public Viewing gestorben sein, die Rechtslage ist vielen zu kompliziert. Zu einer Blitzumfrage bei den 74 Pastoralräumen im Bistum Eichstätt meldete sich nur eine Pfarrei, die gemeinsames Fußballschauen während der EM plant: In der Pfarrei St. Johannes der Täufer in Nürnberg-Altenfurt organisiert die Pfarrgruppe der Katholischen jungen Gemeinde (KjG) ein Public Viewing zum Eröffnungsspiel in Kombination mit einer bereits geplanten Party. Bei einigen Pfarreien fehlt die geeignete Technik, bei anderen konnte kein Interesse für solche Veranstaltungen beim Pfarrgemeinderat geweckt werden. Andere wollten nicht in Konkurrenz mit dem Public Viewing in den örtlichen Gaststätten treten. Nicht bekannt ist, ob es bei den Verantwortlichen auch welche gibt, die bereits vor Beginn des Turniers vom Glauben an einen deutschen Erfolg abgefallen sind oder das Fußballgeschäft strikt ablehnen.

Nicht alles am Fußball ist gut. Selbst eingefleischte Fans kritisieren die extreme Kommerzialisierung des Sports. Dennoch werden 2,5 Millionen Fans in den kommenden Wochen in die EM-Stadien gehen, rund 12 Millionen wollen die Spiele beim Public Viewing erleben. Ob im Pfarrgemeindesaal, in der Gaststätte, auf öffentlichen Plätzen oder im heimischen Garten – beim Public Viewing geht es in der Regel sehr lebendig zu, obwohl es eigentlich der englische Begriff für das öffentliche Aufbahren einer Leiche ist. Im Mittelpunkt des Public Viewing hierzulande steht das Gemeinschaftserlebnis, das Anfeuern der Mannschaft, obwohl sie es nicht hören kann, die gemeinsame Siegesfeier oder auch das Trauern um eine Niederlage – bei Letzterem kommt der Begriff Public Viewing wieder in seiner ursprünglichen Bedeutung näher.

Parallele zwischen Fußball und Kirche

Neben dem Gemeinschaftserlebnis, das im Fußball wie in der Religion ein prägendes Element ist, gibt es – zumindest sprachlich – eine ganze Reihe von Parallelen zwischen dem beliebtesten Ballsport in Deutschland und Kirche. Fußball-Metaphern wie „Lichtgestalten“, „zum Stadion pilgern“, „Fußballgott“ werden in den kommenden Wochen öfters zu hören oder zu lesen sein. Begeisterte und religiös anmutende Gesänge in der Fankurve werden mit Chorälen in der Kirche verglichen, es gibt Stadion-Kapellen,  „Devotionalienhandel mit Trikots und Schals“ und die Spieler betreten den „heilige Rasen“. Der emeritierte Erzbischof von Hamburg und bekennende Fußballfan Werner Thissen sinniert in seinem Buch „90 Minuten. Anstöße eines Fans“: „Der Einzug der Mannschaften erinnert an eine Prozession; wenn Nachwuchsspieler einziehen, könnte man an Ministranten denken, auch die Gesänge in den Fußballstadien mit ihren Kehrversen – das gibt es in der Kirche auch.“ Auch der evangelische Theologe Christhard Lück von der Universität Wuppertal sieht ganz allgemein Parallelen zwischen kirchlichem Gottesdienst und der Fankultur in Stadien. „Singen stiftet Gemeinschaft“, sagt Lück. Sowohl in der Kirche als auch im Stadion würden sich Menschen im Gesang vereinen und in der Gruppe neue Stärke gewinnen.

Ball und Gebet bei Fußball-Stars

In der Bibel kommt Fußball aus verständlichen Gründen nicht vor. Das wäre anders, würde sie heute geschrieben, meint der ehemalige Pastoralreferent Martin Wrasmann: „Ich glaube, wenn Jesus heute leben würde, würde er auch Fußballgleichnisse erzählen“, schreibt Wrasmann in seiner Online-Kolumne „Glauben & Zweifeln“. Unter dem Motto „Bleib am Ball – zeige Teamgeist“ veranstaltete die Pfarrei St. Jakobus in Orbau anlässlich der EM einen Familiengottesdienst auf dem Fußballplatz. Beim Anspiel zu Beginn des Gottesdienstes standen sich die Fußballmannschaft und die „Jesusmannschaft“ gegenüber und zeigten Parallelen zwischen Fußball und Glauben auf. Gemeinschaft konnte auch beim anschließenden Mittagessen, angeboten vom Pfarrgemeinderat, erlebt werden.

Fußballbegeisterte Geistliche greifen hier und dort während der Europameisterschaft den Fußball in ihren Ansprachen an die Gläubigen auf. Der Berliner Pfarrer Matthias Laminski tat es bereits im Vorfeld des Turniers. Er schreibt im Pfarrbrief seiner Pfarrei St. Josef/Treptow-Köpenick: „Fußball ist für viele wie ‚Religion‘ und ‚Lebensinhalt‘, ist tief in der Gesellschaft verwurzelt – trägt bisweilen religiöse Züge, ersetzt aber meiner Meinung nach nicht Religion, denn ‚das Religiöse‘ sitzt eben doch noch viel tiefer im Menschen selbst.“ Das bezeugen scheinbar auch Fußball-Stars, die auf und neben dem Rasen zu ihrem Glauben stehen. Für erstaunlich viele von ihnen gehören Ball und Gebet zusammen. „Bei jedem Tor legt Chris Führich ein Glaubensbekenntnis ab“, berichtet RTL. Der junge Nationalspieler, noch lange kein Weltstar, bekreuzigt sich, richtet den Blick und einen oder beide Zeigefinger in Richtung Himmel. Führich, der von Bundestrainer Julian Nagelsmann als Joker vorgesehen ist, sprach vor dem Start der Europameisterschaft mit dem Fernsehsender offen über seinen Glauben. „Ich bete sehr viel und lese sehr viel die Bibel. Das gibt mir ein sehr, sehr gutes Gefühl, und daraus schöpfe ich sehr viel Kraft“, erzählte Führich im Trainingslager.

Kraft und Fußballkönnen werden Führich und seine Mannschaftskameraden brauchen, wenn sie bei dieser EM weit kommen wollen. Denn, wie es Jürgen Klopp, der vor der Berufung Nagelmanns als Bundestrainerkandidat gehandelt wurde, einmal auf den Punkt brachte: „Es gibt zwar keinen Fußballgott, aber ich glaube, dass es Gott ist, der uns Menschen genauso liebt, wie wir sind, mit all unseren Macken, und deswegen glaube ich, dass er auch den Fußball liebt. Nur: die Kiste müssen wir schon selber treffen.“ Und sollte es diesmal für die deutsche Elf wieder nicht zum EM-Titel reichen, können sich Spieler wie Fans zumindest ein tröstendes Beispiel bei Nagelsmanns Vorgänger als Bundestrainer, Hans Flick, nehmen: „Mein Glaube an Gott treibt mich an, immer am Ball zu bleiben und mein Bestes zu geben. Er schenkt mir aber auch Kraft, mit Niederlagen umzugehen.“

Text: Geraldo Hoffmann

Die nächsten Termine

Freitag, 05. Juli
10.00 Uhr
Samstag, 06. Juli
Pfarrfest der Hofkirche
Ort: Hofkirche Neumarkt
Veranstalter: Pfarrverband Neumarkt Hofkirche-Hl. Kreuz-Pelchenhofen
10.00 Uhr
18.30 Uhr
Dämmerschoppen in Holzheim
Ort: Kirche St. Walburga - Holzheim
Veranstalter: Pfarrverband Neumarkt-West
Sonntag, 07. Juli
10.00 Uhr
Festgottesdienst zum Patrozinium
Ort: Pfarrkirche St. Willibald
Veranstalter: Pfarrverband Neumarkt-West
Mittwoch, 10. Juli
19.00 Uhr
Herr lehre uns beten - Beten neu entdecken
Ort: Caritas Seniorenheim St. Franziskus
Veranstalter: Pfarrei Berching
Samstag, 13. Juli
09.30 Uhr
10.00 Uhr
18.00 Uhr
Haxnessen der Kolpingfamilie Neumarkt
Veranstalter: Kolpingfamilie Neumarkt
Sonntag, 14. Juli
10.00 Uhr
Pfarrfest in Heilig Kreuz
Veranstalter: Pfarrverband Neumarkt Hofkirche-Hl. Kreuz-Pelchenhofen
19.00 Uhr
Ökumenischer Gedenkgottesdienst für die im Klinikum Verstorbenen
Ort: Klinikkapelle Neumarkt
Veranstalter: Klinikseelsorge Neumarkt
Montag, 22. Juli
20.00 Uhr
Wegweisung - Stärkung - Halt
Veranstalter: Pfarrei St. Johannes Neumarkt
Sonntag, 28. Juli
13.30 Uhr
Montag, 05. August
19.00 Uhr
Ökumensiches Friedensgebet
Ort: Pfarrkirche St. Martin Pölling
Veranstalter: Ökumenischer Arbeitskreis Religionsfreiheit
Montag, 02. September
19.00 Uhr
Ökumenisches Friedensgebet
Ort: Hofkirche Neumarkt
Veranstalter: Ökumenischer Arbeitskreis Religionsfreiheit
Sonntag, 15. September
19.00 Uhr
Ökumenischer Gedenkgottesdienst für die im Klinikum Verstorbenen
Ort: Klinikkapelle Neumarkt
Veranstalter: Klinikseelsorge Neumarkt
Samstag, 05. Oktober