Sich öffnen und offen bleiben: Ein Kommentar zur Willibaldswoche 2024

„Öffne Dich!“ – unter diesem Motto steht die diesjährige Willibaldswoche in Eichstätt. Zwischen 5. und 14. Juli sind die Gläubigen aus dem Bistum eingeladen, an das Grab des Bistumsgründers Willibald zu kommen und dabei in einem bunten Programm Gottesdienst, Begegnung und Kultur zu erleben. Zum diesjährigen Motto erklärt Gregor Maria Hanke, 81. Nachfolger von Bischof Willibald: „Öffne dich – für die frohe Botschaft des Evangeliums. Öffne dich – für die Menschen, die dieser Botschaft folgen wollen. Bilde eine Gemeinschaft und öffne dich auch den Fragen und Zweifeln.“

Die Willibaldswoche, ja das ganze pastorale Tun der Kirche ist also eine große Einladung: Wir dürfen uns immer wieder auf Gott, auf sein Wort, seine Frohe Botschaft einlassen. Als Jüngerinnen und Jünger Jesu sind wir Tag für Tag unterwegs, diese Einladung anzunehmen und uns mehr und mehr zu öffnen: für Gott und unsere Mitmenschen. Doch das gilt nicht nur für jeden einzelnen oder jede einzelne von uns, sondern auch für uns als gesamte Kirche, als Gemeinschaft der Jüngerinnen und Jünger. Der Auftrag, sich ständig auf das Evangelium einzulassen, ist eine Daueraufgabe. Immer wieder fragen wir: Was will uns Gott jetzt sagen und mit auf den Weg geben? Wie sollen wir hier und heute Kirche sein? Genauso gehört es dazu, ständig die Menschen um uns herum in den Blick zu nehmen und zu hören, welche Fragen und Zweifel sie haben. „Was ist jetzt gerade dran?“ – diese Frage stellt sich der Kirche also ständig. Wie können wir die Fragen und Zweifel der Menschen, von denen der Eichstätter Bischof spricht, ernst nehmen? Wie können wir nicht nur zuhören, sondern ihnen auch einen Raum geben? Wie müssen wir uns aufstellen, damit fragende und zweifelnde Menschen Antwort und Klarheit erhalten? Welche Gesten, Zeichen und Worte sind jetzt gefragt?

6.210 Menschen sind im vergangenen Jahr im Bistum Eichstätt aus der Kirche ausgetreten: Menschen voller Fragen und Zweifel, voller Skepsis und Klagen, voller Frust und Enttäuschung. Offensichtlich findet bei vielen von ihnen ihre Sehnsucht nach Gemeinschaft, nach Antworten, nach Klarheit in unserem Bistum, in unserer Kirche nicht ausreichend Raum. Natürlich gibt es gesellschaftliche Trends, die wir nicht einfach mit ein paar pastoralen Taschenspieler-Tricks umkehren können. Und man kann es ohnehin nie allen recht machen. Doch es stellt sich schon die Frage: Sind wir als Kirche, als Bistum richtig aufgestellt, um mehr als nur einem „heiligen Rest“ von Frommen, von Insidern und von Höchst-Engagierten Raum zu bieten?

Wenn Fragen und Zweifel Raum haben sollen, dann braucht es entsprechende Gesprächsformate und Entscheidungswege. Wenn andere Sichtweisen und Herangehensweisen ernstgenommen werden sollen, dann braucht es ehrlichen Dialog und echte Kommunikation. Wenn auch Kritik und Enttäuschung eine Rolle spielen dürfen, dann braucht es Lernfähigkeit und Veränderungsbereitschaft. Das Festhalten an Systemen, Zuständigkeiten und Vorrechten hilft uns da nur bedingt weiter. Der Hinweis auf einen unaufgebbaren Kern, ein „katholisches Profil“ verfängt nicht einmal mehr bei denen, die noch da sind. Als Gemeinschaft der Jüngerinnen und Jünger können wir noch viel einfühlsamer und freundlicher, aber auch beweglicher und wandlungsfähiger werden – über die Willibaldswoche 2024 hinaus. Auf allen Ebenen, in allen Orten, bei allen Themen. Die Willibaldswoche ist eine Einladung, nicht stehenzubleiben und zurückzublicken, sondern sich gemeinsam auf neuen Wegen aufzumachen. Den Ankündigungen müssen auch Taten folgen, der festlichen Gemeinschaft auch offene Augen und Ohren, dem Feiern auch neuer Aufbruch.

Dekanatsreferent Christian Schrödl, Neumarkt/Habsberg