Echt und wirklich öffnen: Ein weiterer Kommentar zur Willibaldswoche 2024

Die Kirche ist voll. Die Stimmung ist gut. Die ausgesuchten Lieder kommen gut an. Es wird kräftig mitgesungen. Nun neigt sich der Festgottesdienst zu „25 Jahre Band Sunrise“ in der Neumarkter Hofkirche dem Ende entgegen. Was 1999 – in meiner eigenen Jugendzeit – als Jugendband begann, ist heute erwachsen geworden. Doch noch immer gestalten die Musikerinnen und Musiker Gottesdienste, Hochzeiten, Tauf- und Erstkommunionfeiern und begeistern dabei die Mitfeiernden mit ihren Rhythmen und Melodien. Der Funke springt bei der Musik über – damals wie heute. Und man darf auch 2024 noch spüren, wie ein lebendiger Glaube die Mitglieder von „Sunrise“ antreibt und bewegt.

Beim Schlusslied „Aufstehen, aufeinander zugehn“ von Clemens Bittlinger wird es nun noch einmal richtig laut und lebendig. Mich bewegt dabei nicht nur die Musik, sondern auch die Texte. Ich denke mir: Ja, so könnte Kirche heute gehen. Wir sollten viel mehr „aufeinander zugehn“ und „voneinander lernen, miteinander umzugehn“ und „uns nicht entfernen, wenn wir etwas nicht verstehn“. Wie oft wird in der Kirche hart geurteilt und anderen der gute Wille abgesprochen: Die einen wissen sehr schnell, was richtige Katholiken ausmacht und zum Christ-Sein auf jeden Fall dazugehört. Die anderen verkriechen sich in ihr Schneckenhaus alter Lehrsätze und Traditionen. Und wieder andere erwarten unerbittlich einen reibungslos funktionierenden Rundum-Service. Und schließlich gibt es welche, denen Veränderungen nicht schnell genug gehen und über ständiges Ausbremsen klagen. Wie sehr könnten uns in solchen Situationen das Aufeinander-Zugehen, das Voneinander-Lernen, das Nicht-gleich-Entfernen weiterhelfen.

„Jeder hat was einzubringen, diese Vielfalt, wunderbar“, so beginnt die zweite Strophe des Songs. Jeder und jede kann etwas beisteuern, um Kirche zu leben und zu gestalten. Alle können von dem, was sie erfahren und verstanden haben, weitertragen: in ihren kleinen Alltag und in die großen Zeitläufte. Alles ist gleich viel wert und soll gehört und gesehen, anerkannt und gewürdigt werden. Das Talent, die Leidenschaft, das Engagement, die Leistung des einen ist genauso viel wert wie der anderen. Vielfalt ist zwar herausfordernd und anstrengend, aber auch wundervoll und anregend. Ob Kirche-Sein daher heute noch auf steile Hierarchie und Top-Down, auf Anpassung und Gleichförmigkeit, auf Exklusivität setzen kann, um glaubwürdig bei den Menschen zu sein?

Mir fällt ein: Zu diesem Lied passt übrigens auch das Motto der Willibaldswoche 2024 im Bistum Eichstätt: „Öffne dich!“ Wir sind also eingeladen, aus uns herauszugehen, uns auf andere einzulassen, uns dem Neuen und dem Anderen zu stellen. Mit einem Werkzeugkasten aus früheren Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten wird es nicht mehr gelingen, als Kirche zu einer lebendigen und einladenden Gemeinschaft im Hier und Heute zu werden. Da müssen alte Zöpfe abgeschnitten und Vorrechte über Bord geschmissen werden. Da müssen auch Abhängigkeiten verringert und der Opportunismus überwunden werden. In der großen Weltkirche, aber natürlich auch in unserem Bistum Eichstätt. Wer sich öffnet, kann nicht der oder die gleiche bleiben. Das gilt für jede und jeden von uns vor Ort, aber auch für das Führungspersonal. Nur so wird es uns gelingen, „neue Lieder, neue Texte laut und klar“ zu singen, wie es Clemens Bittlinger geschrieben und die Band „Sunrise“ gesungen hat. Neue Fragestellungen brauchen keine alten Antworten. Wer begeistern und anstecken will, der muss sich echt und wirklich öffnen – und nicht nur davon reden.

Dekanatsreferent Christian Schrödl, Neumarkt/Habsberg