Wie bunte Steine im See: Ein Impuls für den Alltag

Die erholsamen Urlaubstage am Chiemsee sind nun schon wieder eine Weile zurück. Der übliche Arbeitsalltag hat schon wieder begonnen. Gerne erinnere ich mich an sonnige Tage zurück, die wir am Strand des „Bayerischen Meeres“ verbracht haben. Das kühle Nass, das Glitzern des Wassers im Sonnenlicht und der Blick auf die Chiemgauer Berge halfen uns, für ein paar Tage abzuschalten und uns zu erholen. Ich erinnere mich auch daran, wie wir nach jedem Schwimmen und Plantschen am Ufer saßen und nach den buntesten Kieselsteinen suchten. Dabei machte ich folgende Beobachtungen: Die Steine, die nie mit dem Wasser in Berührung kommen, bleiben blass und grau. In der Trockenheit lässt sich nicht erkennen, welche schillernden Farben plötzlich zutage treten, wenn einmal Wasser darüber gespült wird. Nur wenige Meter weiter drinnen im See ist von der Farbenvielfalt der Kieselsteine auch nichts mehr zu spüren: Dort liegen sie auf sandigem Grund und sind von trübem Wasser umspült. Sie sind glitschig und manchmal von einer leichten Algenschicht umgeben – ohne Glanz und ohne Farbe.

Als ich so dasitze und mit meiner Tochter Steine sammle, fällt mir ein: Die bunten Kiesel passen auch zu meinem Christ-Sein. Bin ich nicht selbst mit meinem Glauben wie einer dieser bunten Steine? Alles begann mit der Taufe: Anfangs erscheine ich vielleicht noch blass und grau. Doch plötzlich gerate ich ich mit Wassertropfen und lebendigen Wellen in Berührung. Die Farben, Formen, Muster, die meine Person ausmachen, kommen plötzlich zum Vorschein. Ich spüre plötzlich selbst, wie bunt und vielfältig mein Leben ist. Ich entdecke meine Begabungen und Fähigkeiten. Ich entwickle meinen ganz persönlichen Glauben. Ich bin froh und dankbar für das, was mir Eltern, Erzieherinnen, Lehrer, Freunde, kirchliche Mitarbeiter jahrelang mit auf den Weg gegeben haben.

Doch es gibt auch trübes Wasser, sumpfigen Boden, veralgte Steine. Von meinen Farben ist nichts mehr zu erahnen. Das ständige Umspülen des Wassers macht mich nicht mehr bunt und lebendig. Von einem erfrischenden Wellengang ist nichts zu spüren. In meinem Leben und Glauben sind das die Phasen von Oberflächlichkeit, Überforderung und Übermüdung, Ernüchterung und Gleichgültigkeit. Ich fühle mich gehemmt und gelähmt, sehne mich nach neuer Kraft und neuen Horizonten. Dann spüre ich auch: Es ist an der Zeit, sich von dem zu trennen, was mich hinunterzieht und mein Leben trüb macht. Jetzt heißt es, nach inspirierenden Quellen und erfrischenden Wellen  zu suchen. Nach Menschen, Erfahrungen, Worten, Tönen und Zeichen, die mich beflügeln und die mir Glanz und Farbe zurückbringen können. Vielleicht gebe ich mir einen Ruck und lasse ich mich wieder etwas in Richtung Ufer spülen. Gott will mein Leben und meinen Glauben reich und bunt machen, will, dass ich farbig glänze und Lebendigkeit ausstrahle. Ich muss mich nur vom Wasser ein wenig weitertragen lassen.

Dekanatsreferent Christian Schrödl, Neumarkt/Habsberg