Ein kleiner Vorgeschmack: Gedanken zum Fronleichnamsfest 2023

Vielfach gehen heute Menschen auf die Straße. Sie demonstrieren für mehr Gehalt und höhere Löhne oder engagieren sich fürs Klima. Auch Katholiken gehen an Fronleichnam auf die Straße. Warum tun sie das? Ist es nur Schau? Ist es nur eine Demonstration ihres Glaubens? Nein, Fronleichnam ist eine Bewegung, die nicht ausschließt, sondern mitnimmt und die auch jene noch segnet, die verwundert am Rande stehen. Fronleichnam, eine starke geistliche Bewegung, die bereits im Hochmittelalter durch das Charisma einer Frau entstand. Angestoßen durch die Visionen der Nonne Juliana von Lüttich, wurde das Fest im Jahr 1264 durch Papst Urban IV. in den kirchlichen Festkalender eingeführt. Fronleichnam, eine Feier, die das Ewige, das Göttliche und das Allerheiligste in sich trägt – aber auch die tiefste Sehnsucht unseres menschlichen Daseins. Und das ist Gott.

Aber wer ist Gott? Wie ist Gott? Wo ist Gott? Ist er nur ein höheres Wesen über den Sternen oder ist er auch in unserer Nähe zu finden? Vielleicht in Zeichen und kleinen Wundern, in denen er sich kundtut? Fronleichnam holt Gott aus der Ferne in die Nähe. Das Fest sagt uns: Mensch, vergiss deinen Gott nicht, er ist in Deiner Mitte. Er lebt in dir, er geht mit dir und bleibt bei dir. Diesen fast erschreckend nahen Gott hat uns Jesus gezeigt. Er kam uns so nah, dass er voll und ganz in unser Mensch-Sein eingetaucht ist. Da ist er einer von uns geworden mit Leib und Seele, mit Fleisch und Blut. Da hat er sich berührbar und verwundbar gemacht – ja sogar essbar in einer heiligen Speise, in der „geweihten Hostie“. Gott also, verborgen und doch ganz nah mitten unter uns. Aber auch mit uns auf dem Weg wie ein Pilger mit den heiligen Zeichen seiner Gegenwart.

Auch kaum zu fassen ist, dass uns in einer solch festlichen Prozession mit Monstranz und Himmel jetzt schon unser endgültiges Ziel gezeigt wird: Es ist unser Weg aus dieser Zeit in die Ewigkeit. Pilger und Fremdlinge sind wir ohne bleibende Stätte. Umso mehr kann Fronleichnam unsere Sehnsucht nach dem erwecken, was bleibt, nach dem Ewigen.Es ist die Sehnsucht nach einem Fest ohne Ende, es ist die Eucharistie des Himmels. Was für eine Zukunft! Unser Leben, endlich, zerbrechlich und vergänglich. Und doch getragen von der Hoffnung, dass alles nicht im Nichts endet. Vielmehr im ewigen Fronleichnamsfest, dem großen Gastmahl des liebenden und barmherzigen Vaters im Himmel.

Pfarrer i.R. Richard Distler, Meckenhausen